Konkurrenzverbot mit Karenzentschädigung ist keine Abfindung
Oft werden wir durch unsere ausländischen Kunden mit der Frage konfrontiert, wie Karenzentschädigungen im Falle eines Konkurrenzverbots nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu interpretieren sind. Viele Mitarbeiter gehen davon aus, dass das was im Arbeitsvertrag vereinbart wurde auch im Falle der Kündigung durch den Arbeitgeber gilt.
- Allgemeines
Gemäss Artikel 340 Abs. 1 OR kann ein Arbeitnehmer sich gegenüber dem Arbeitgeber verpflichten, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf die Ausübung jeglicher Konkurrenztätigkeiten gegenüber seinem früheren Arbeitgeber zu verzichten.[1] Es besteht keine gesetzliche Zwingendheit, dass der Arbeitgeber eine Entschädigung für ein postvertragliches Konkurrenzverbot leistet. Art. 340a Abs. 2 OR schreibt aber vor, dass etwaige Gegenleistungen seitens des Arbeitgebers, insbesondere die sogenannte Karenzentschädigung, bei der Beurteilung der Begrenzung des Konkurrenzverbots gebührend zu berücksichtigen sind.[2] Die Karenzentschädigung stellt eine finanzielle Gegenleistung für die Einhaltung des Konkurrenzverbots dar und verfolgt das Ziel, die potenziellen Auswirkungen (etwa verminderte Chancen auf dem Arbeitsmarkt) eines solchen Verbots zu mildern. Dabei gilt es zu beachten, dass die Karenzentschädigung nicht als Schadenersatz, sondern als Vergütung für die Enthaltung der konkurrierenden Tätigkeiten betrachtet wird.
- Gültigkeitsvoraussetzungen des Konkurrenzverbots
Die Gültigkeit des Konkurrenzverbots erstreckt sich bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses, wobei dem Arbeitnehmer untersagt ist, entgeltlich oder unentgeltlich für die Konkurrenz zu arbeiten oder eine selbständige, konkurrierende Tätigkeit auszuüben. Diese Verpflichtung ergibt sich aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers.[3]Dieses Verbot endet grundsätzlich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Mit einem nachvertraglichen Konkurrenzverbot kann das Verbot aber aufrechterhalten werden. Um ein solches durchzusetzen, müssen verschiedene Gültigkeitsvoraussetzungen erfüllt sein: 1) Handlungsfähigkeit des Arbeitnehmers, 2) Schriftform der Vereinbarung und 3) Einblick des Arbeitnehmers in den Kundenkreis oder in Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse. Zudem muss eine erhebliche Schädigungsmöglichkeit (durch den Einblick in Kundenkreis bzw. Geheimnisse)[4] bestehen und das Konkurrenzverbot muss hinsichtlich Ort, Zeit und Gegenstand angemessen beschränkt sein.[5]
- Wegfall der Konkurrenzklausel
In der Regel endet das Konkurrenzverbot mit dem Ablauf der vertraglich festgelegten Dauer. Alternativ kann die Konkurrenzklausel durch eine ein- oder beidseitige Aufhebungsvereinbarung aufgelöst werden. Art. 340c OR nennt hingegen Gründe, die zum Wegfall des Konkurrenzverbots vor dem eigentlichen Ablauf der Frist führen. So fällt das Konkurrenzverbot nämlich dahin, wenn der Arbeitgeber nachweisbar kein erhebliches Interesse mehr hat, es aufrecht zu erhalten.[6] In der betrieblichen Praxis wird erstaunlicherweise oft übersehen, dass eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber in aller Regel automatisch zum Wegfall des Konkurrenzverbots führt, wenn die Kündigung ohne begründeten Anlass des Arbeitnehmers ausgesprochen wird. Tatsächlich bedeutet dies, dass ein Arbeitgeber sich bewusst sein muss, dass er durch seine Kündigung mit hoher Wahrscheinlichkeit den Schutz des Konkurrenzverbots verliert. Dem Arbeitgeber steht es ausserdem frei, auf das vereinbarte Konkurrenzverbot zu verzichten.
- Karenzentschädigung bei fehlendem Konkurrenzverbot
Welche Auswirkungen hat das Wegfallen eines Konkurrenzverbots durch Arbeitgeberkündigung ohne begründeten Anlass seitens des Arbeitnehmers auf die Karenzentschädigung? Bleibt die Karenzentschädigung in diesem Falle weiterhin geschuldet?
Die Meinungen dazu sind nicht einheitlich und es ist umstritten, ob mit dem Wegfall des Konkurrenzverbots auch die Karenzentschädigung dahinfällt. Das Obergericht Zürich hat in einem jüngeren Entscheid[7] nun entschieden, dass mit dem Wegfall des Konkurrenzverbots auch die Karenzentschädigung entfällt. Dies ist meiner Ansicht nach richtig, denn im Falle der Arbeitgeberkündigung kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Arbeitnehmer Dispositionen im Hinblick auf das Konkurrenzverbot getroffen hat und er wird davon ausgehen, dass er mangels begründeten Anlasses keinem Konkurrenzverbot unterliegt und somit auch keine Karenzentschädigung erhalten wird.
- Karenzentschädigung als potenzielle Abgangsentschädigung
Ob ein Anspruch auf Karenzentschädigung besteht, ist von der Auslegung der einzelnen Vertragsbestimmung abhängig. Es ist somit zu ermitteln, ob die Karenzentschädigung im Austausch für das Konkurrenzverbot geleistet wird, oder ob die Entschädigung ungeachtet eines wirksamen Konkurrenzverbots bei jeder Auflösung geschuldet wäre, und somit als Abgangsentschädigung zu qualifizieren sei. Ist das Konkurrenzverbot mit einer Karenzentschädigung verbunden, besteht ein zweiseitiger Vertrag, bei dem die Entschädigungszahlung die Gegenleistung dafür bildet, dass der Arbeitnehmer keine konkurrenzierenden Tätigkeiten ausführt.
Für Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, sieht Art. 735c Ziff. 1 OR vor, dass Abgangsentschädigungen für Mitglieder des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung und des Beirats oder für ihn nahestehende Personen, die vertraglich oder statutarisch vorgesehen sind, unzulässig sind. Üblicherweise sieht die Praxis bei nachvertraglichen Konkurrenzverboten für leitende Mitarbeiter eine Karenzentschädigung vor. Es muss in diesen Fällen eruiert werden, ob die Karenzentschädigung eine unzulässige Abgangsentschädigung darstellt. Wie bereits erwähnt handelt es sich bei der Karenzentschädigung nicht um eine pauschale Abfindungssumme ohne Gegenleistung, sondern sie wird als Gegenleistung dafür ausgerichtet, dass sich der Arbeitnehmer einer konkurrenzierenden Tätigkeit enthält und dem alten Arbeitgeber dadurch keinen Schaden zufügt. Da die Karenzentschädigung an das Konkurrenzverbot angeknüpft ist, darf eine solche denn auch nur ausbezahlt werden, wenn das Konkurrenzverbot auch tatsächlich durchsetzbar ist – ansonsten es sich um eine unzulässige Abgangsentschädigung handeln könnte.
- Fazit
Abschliessend kann festgehalten werden, dass bei Wegfall des Konkurrenzverbots ebenfalls die Karenzentschädigung dahinfällt. Bei börsenkotierten Gesellschaften muss darauf geachtet werden, dass es sich bei der Karenzentschädigung nicht um eine versteckte Abgangsentschädigung handelt. Eine Karenzentschädigung sollte deshalb nur dann ausbezahlt werden, wenn das Konkurrenzverbot auch tatsächlich durchsetzbar ist und der (ehemalige) Arbeitnehmer als Gegenleistung für die Karenzentschädigung nicht konkurrenzierend tätig wird.
[1] Art. 340 Abs. 1 OR
[2] Art. 340a Abs. 2 OR
[3] Vgl. Art. 321a OR
[4] Art. 340 Abs. 2 OR
[5] Art. 340a Abs 1 OR; Rudolph Roger, Fokus Arbeitsrecht: Sorgenkind Konkurrenzverbot, TREX 2010 S. 88 ff.,
[6] Art. 340c Abs. 1 OR
[7] Entscheid Obergericht des Kantons Zürich LA1900114-O/U vom 7. Februar 2020